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Wiebke Kastner

Wiebke Kastner

Die „Do-It-Yourself“-Aktivistin Marie Wiebke Kastner aus Halle a. Saale entwickelt für die Ausstellung ihre Kreation „Todmüde”, ein tragbares „Dach über dem Kopf“ für Menschen ohne eigene „Vier Wände“. Die BesucherInnen sind dazu eingeladen, die Kreation zu testen und sich „todmüde“ im hektischen Treiben der Münchner Innenstadt zu inszenieren.

Vita

Ich, Wiebke Marie Kastner, wurde am 03.09.1987 in Halle an der Saale zur Welt gebracht. Schon in früher Kindheit war ich für kreative Aufgaben zu begeistern, nahm regelmäßig an unterschiedlichen Ferienworkshops und Unterrichtsstunden der Stiftung Moritzburg teil, fand Gefallen am darstellenden Spiel und daran, mich in verschiedenster Form und verschiedenen Materialien zu probieren und auszudrücken. Seit mittlerweile neun Jahren spiele ich Improvisationstheater, habe mit meiner Gruppe viele Auftritte organisiert und Festivals besucht. Durch Praktika in Requisite und Maske habe ich weitere Einblicke hinter die Bühnen der halleschen Theater bekommen und ebenfalls einige Jahre eine private Musicalschule besucht, in der ich in den Bereichen Show- und Stepptanz, Gesang, Schauspiel und Sprecherziehung gefördert wurde. Seit dem letzten Jahr wirke ich in der Rockoper „The Who’s Tommy“ im Thalia Theater Halle als Tänzerin mit. Nach meinem Abitur 2007 gründete ich zusammen mit einem guten Freund eine freie Galerie, um in Halle einen Treffpunkt für Künstler aller Art zu schaffen. Seit zwei Jahren bieten wir so Künstlern die Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren, sowie zu präsentieren. Zusammen gestalten wir ebenfalls aller zwei Wochen eine Radiosendung bei dem lokalen Radiosender Corax. Nebenbei habe ich mir eine kleine Werkstatt eingerichtet, in der ich mich mit Modedesign beschäftige und liebevoll Einzelstücke erarbeite. In meinem derzeitigen Kunstgeschichtsstudium widme ich mich der Architektur und habe so begonnen, mich mit dem öffentlichen Raum als Präsentationsmöglichkeit für Kunst zu beschäftigen. Dies ist auch Inspirationsquelle für Arbeiten wie Zaunstickereien, eine limitierte Magnetkollektion, Kreideaktionen, eine Lichtinstallation, sowie verschiedene Stuckelemente.

Die Münchner Autorin und Künstlerin Keiko Saile, die derzeit an der Züricher Hochschule der Künste studiert, bringt sich mit einer Foto- und Videoarbeit ein:

„o.T. (Maske I und II)“ – Video und Inkjet Prints, 2009

Sich anziehen, umziehen, ausziehen.
Mich bekleiden, verwandeln, verkriechen.
Uns zeigen, maskieren, entblößen.

Keiko Saile

Keiko Saile, geboren 1978 in München, lebt und arbeitet seit drei Jahren in der Schweiz.

http://www.keiko-saile.net/
info@keiko-saile.net

GENERATION PRAKTIKUM – LIEBE DEINEN TRAUM
Darsteller: Jennifer Ahl, Anne Niggebaum, Josef Hadzelek
Konzept & Realisation der Inszenierung: Jennifer Ahl, Anne Niggebaum, Christopher Vorwerk
 
„GENERATION PRAKTIKUM“ – von den Medien beschworen, für die Betroffenen unbehagliche Realität, von den anderen übersehen, ist dieser Begriff mehr als ein reißerisches Label für Akademiker in prekären Arbeitsverhältnissen.

„GENERATION PRAKTIKUM“ bedeutet gering oder nicht bezahlte Praktika annehmen zu müssen, um nicht arbeitslos zu sein, um jede Lücke im fein säuberlich geplanten Lebenslauf zu vermeiden. Das gute alte Schnupperpraktikum ist vom Aussterben bedroht. Heute muss der willige Praktikant selbst für unbezahlte Arbeit bestens qualifiziert sein – oder ein neuer, noch motivierterer Praktikant wird ihn gerne ersetzen.

In der Szene „Liebe deinen Traum“ aus der Inszenierung „Generation Praktikum“ (Universität Hildesheim), 2006, verhandeln drei Sprecherfiguren die prekäre Arbeits- und Lebenssituation der Generation. Zusammen mit den Sprechern begibt sich der Zuschauern an einen „virtuellen“ Rückzugsort, wo die Sorgen, Glücksmomente und Sehnsüchte der Praktikanten und letztlich Fragen des Menschseins verhandelt werden: Wer bin ich? Was sind die Bedingungen für mein Leben? Was will ich? Was macht mich glücklich?

Das Praktikanten-Kollektiv entsteht nicht durch Zusammenhalt, sondern durch Kampf: Jeder gegen jeden, man will Bester sein, Anerkennung bekommen, eine Festanstellung ergattern, Karriere machen. Dabei ähneln sich diese Individualisten erschreckend in ihrer Lebensgestaltung und ihrem Lebensgefühl: Mit Jackett, Laptop und To-Go-Utensilien inszeniert sich der Praktikant als der aufstrebende, flexible und engagierte Macher, der nur eine Chance und einen Schreibtisch braucht, um die Welt zu verändern. Derweil hat der Chef seinen Namen schon längst wieder vergessen.

So lebt die Generation mit Handy, Notebook und Bahncard in temporären Wohnräumen und die Heimat ist der Regional Express der Deutschen Bahn. Wechselnde Arbeitsorte und chronischer Zeitmangel verändern das soziale Leben, Freundschaften als Knotenpunkte des eigenen Netzwerks werden nur noch virtuell gepflegt.

Doch die GENERATION PRAKTIKUM hat eine Strategie zum Überleben: Individualismus und Distanz zu gesellschaftlichen Prozessen, eine Art Vielleicht-Mentalität. Die Vernunft und der Glaube an das eigene Durchkommen, die eigene Leistung und das eigene Glück – aber genau das verhindert eine gemeinsame Rebellion.

Anne Niggebaum

Anne Niggebaum

Jennifer Ahl

Jennifer Ahl

Die junge Kulturwissenschaftlerin Jennifer Ahl produziert Kurzfilme, am liebsten mit experimentellen Einflüssen, und promoviert seit Januar 2009 an der Uni Hildesheim über Web-TV. Im Rahmen der Ausstellung beschäftigt sie sich in einer Videoarbeit und einer Theaterszene mit den beruflichen und persönlichen Zwängen unserer Generation.

www.JenniferAhl.de

tessaTessa Jones, Mitarbeiterin in der Kostümwerksatt der Bayerischen Staatsoper, erarbeitet Kostümskulpturen, die im Rahmen der Ausstellung performativ in Szene gesetzt werden.

Vita

Geboren am 27.02.1979 in München

Ausbildung

  • 09/95 – 07/97 Sprachen und Dolmetscher Institut
  • 09/98 – 07/99 Fremdspracheninstitut der Landeshauptstadt München, Abschluss: Staatlich geprüfte Fremdsprachenkorrespondentin
  • 09/05 – 07/08 Bayerische Staatsoper, Ausbildung zur Maßschneiderin (Damen)

 Beruf

  • 12/07/04 – 26/07/04 Münchner Kammerspiele, Praktikum
  • 05/05 – 06/05 Münchner Kammerspiele, Kostümhospitanz: „Vor Sonnenaufgang“
  • 09/08 – heute: Bayerische Staatsoper- Repertoireschneiderei, Maßschneiderin

Weitere Referenzen

  • Tätigkeit im Bereich Kostümbild, Requisite, Bühnenmanagement, Regieassistenz in der Edinburgh Acting School (Schottland)
  • Mitwirkung bei verschiedenen Laienschauspielgruppen
  • Mitwirkung bei der Organisation jugendkultureller Veranstaltungen (Musikfestival, Filmfest)
  • Schlagzeugerin:Quadrapong, Maid Moron
  • Anfertigung diverser Maskottchen: Riesenbaumkostüm (Pro Regenwald), Müllhalde „Haldi“(Haldi 2000 Supermarkt in der Färberei Oktober 2008)
  • Diverse Bühnenkostüme für die Bands Beißpony, Maid Moron
  • Kostümbild für das Theaterstück „Romeo und Julia“ im Dachauer Musiksommer Juli 2009

bilderKlaus Erich Dietl ist Student der Fachrichtung „Bildnerisches Gestalten und Therapie“ an der Akademie der Bildenden Künste in München (Klasse Schottenloher). Er setzt sich malerisch mit dem eng gestrickten Muster der Massenmodeindustrie auseinander. Dabei nutzt er Pinsel und Farbe angelehnt an Nadel und Faden.

handObjekte für große Strickprojekte; 2009

Malerei, o.T; 2009

Werbung hat sich beinahe vollständig auf den visuellen Sektor verlegt. Zusätzlich wird man mit vielerlei Arten von Bildmaterial bedrängt. Mode als tragbare Werbeprojektion. Ich als Werbeträger für ?? „So who owns Death-TV?“ fragte sich William Borroughs.
Der Begriff „visuelle Inflation“ weist uns darauf hin, dass wir einen Schleier vor Augen haben und eigentlich nichts mehr sehen, deshalb aber umso empfänglicher für Botschaften und Beeinflussungen sind. Sehen geschieht viel schneller als Sprechen und trifft uns in unserer Verwirrung an wunder Stelle.
Es geht also darum, zu erreichen, dass nichts zwischen dem Betrachter und dem Bild (des Werbebildes und des Gemäldes gleichermaßen) steht, von dem wir nichts ahnen.
Die Botschaft vom Widerstand ist dabei ein sehr wichtiger Faktor in den Verfahrensweisen der Collage und der Montage. Sie ermöglichen es uns, die wesentlichen Kontrollinstrumente, Wort und Bild, zu untersuchen und aufzuknacken und sie bis zu einem gewissen Grade zu erschüttern.
Es geht dabei auch um das Plagiat, um die Besitz-Eigentums-Differenz. Es geht darum, wem das Sperrfeuer aus Wort und Bild und Geräuschen gehört ??
Man verwendet also diese absolut klaren Begriffe der Werbung, die von jedermann verstanden werden und deren Sprache, die einen überfällt, wohin man auch blickt, und erhält durch Zerteilen dieser Informationen (deren Intention es ist, den Wunsch zu wecken, so zu sein, so sehen zu können) in Assoziationseinheiten verschiedener Quellen, die dann neu (surreal, persiflierend, absurd) zusammengesetzt werden, um ein Loch in unseren Schleier zu reißen und die Kontrollabsichten (im Sinne vorgegebener Assoziationsfolgen) zu vereiteln. (Dietl, 2009)

 

www.flachware.de/klaus-erich-dietl

justine

Justine Maxelon absolvierte bis zum Juli diesen Jahres ihre Tanzausbildung an der Iwanson Schule für zeitgenössischen Tanz in München. Schon während der Studienjahre arbeitete sie im Rahmen der Ausbildung mit internationalen Gastchoreografen zusammen und verwirklichte in Form von Schulaufführungen auch eigene kurze choreografische Erstlingsstücke, die in der Kranhalle München präsentiert wurden. Im Anschluss an ihre Ausbildungszeit ist sie als Assistentin an der neuen Tanzproduktkion „Virginia, Sylvia, Sarah – Beautiful as a statistic“ der Choreografin Katja Wachter beteiligt.

An die Ausgangssituation des Gruppenprojekts angelehnt wird Justine zusammenmit Laura Theis  ihre eigens für die Ausstellung erarbeitete Choreografie vorstellen:

„Schönes neues Selbst“ – Tanzwortmusikfragment ohne Antwort, 2009

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Die Teilzeitangestellte (BLM) und Freizeitkünstlerin Verena Köhler hat Theaterwissenschaft an der LMU und an der Universität Wien studiert. Sie engagierte sich einige Jahre beim Münchner Aus- und Fortbildungskanal Radio M94.5 bei dem sie u.a. eine Hörspielproduktion ins Leben rief. Neben drei Projekten zum Thema „Individualität“ hat sie eine umweltkritische Installation vorbereitet, die sich mit der Vermüllung der Weltmeere auseinandersetzt.

Ramba_verenaIch-Kabinett – eine Audio-Installation
Für ihre Audio-Installation hat Verena Köhler fast 50 Menschen im Alter zwischen 5 und 70 Jahren zu ihrem Selbstbild im Spiegel befragt. Die Fragen waren:
– Was siehst du, wenn du in den Spiegel schaust?
– Wen siehst du, wenn du in den Spiegel schaust?
– Was fühlst du, wenn du in den Spiegel schaust?
Die in einer Kaufhaus-Umkleidekabine untergebrachte und selbstverständlich mit einem großen Spiegel ausgestattete Installation lädt mit vielen persönlichen Geschichten und Ansichten zum Zuhören und Selbstbetrachten ein!

Abgestempelt:
Die Individualität auf der Wäscheleine
Individualität oder Zwang zur Individualität? Massenware versus Intimität. Klassifizierung, gesellschaftliche Zuschreibung, Vorurteile. Das sind die Motive in deren Rahmen sich die Installation „Abgestempelt“ bewegt. Egalitär aufgereiht an einer Wäscheleine ist das intime und scheinbar individuelle Wäschestück ’Unterhose’ der Öffentlichkeit preisgegeben. Manchmal deutlich ins Auge springend, manchmal auch unscheinbar sind die Hosen schwarzstempelig mit Begriffen bedruckt, mit denen auch Menschen oder pauschal zusammengefasste Gruppen der Gesellschaft gerne „abgestempelt“ werden.

Phantomjagd – Fluch des genetischen Fingerabdrucks
Die Wattestäbcheninstallation spielt an auf eine umfassende und millionenteure Ermittlungspanne der Polizei. Aufgrund von verunreinigten Wattestäbchen die zur Sicherstellung von DNA-Spuren an Tatorten verwendet werden, jagten Ermittler aus mehreren Ländern über neun Jahre hinweg eine Kriminelle, die nachweislich nie existiert hat! Insgesamt an 40 sehr unterschiedlichen Tatorten hatte die Polizei DNA-Spuren einer bestimmten „unbekannten weiblichen Person“ sichergestellt, dem sogenannten „Phantom von Heilbronn“. Die Fahnder vermuteten, die Frau habe zahlreiche Diebstähle und Einbrüche begangen, sei an einem Raubüberfall beteiligt gewesen und habe mindestens zwei versuchte und drei tatsächliche Morde begangen. Wie sich im März diesen Jahres allerdings herausstellte stammte die DNA-Spur von einer Arbeiterin eines bayerischen Verpackungsbetriebs für Wattestäbchen.

Schwere See – Ein Meeres-Müll-Kleid
Unsere Weltmeere vermüllen. Sie sind durchsetzt mit Resten von Fischernetzen, Feuerzeugen, Plastikflaschen, Schraubverschlüssen, Zahnbürsten, Plastikdosen, Bierkisten, Styroporboxen, Kabeltrommeln, Plastikfolien und vielem mehr. Weltweit werden etwa jede Stunde rund 675 Tonnen Müll direkt ins Meer geworfen, die Hälfte davon ist aus Plastik. Besonders eindrucksvoll lassen sich die Folgen im Nordpazifik besichtigen. Zwischen Kalifornien und Hawaii hat sich ein rund 3 Millionen Tonnen schwerer Plastikteppich gebildet, der etwa so groß ist wie Mitteleuropa. Doch während der Kunststoff den man sieht, allenfalls die Aussicht stört und eine Gefahr für Tiere darstellt, die sich darin verfangen, an im ersticken oder ihn fressen und dadurch verhungern, sind die unsichtbaren Folgen dieser Abfallschwemme eine weit perfidere Gefahr. Denn die kleinen zersetzten Plastikfragmente ziehen – in millionenfach erhöhter Konzentration – krebsauslösende Ultragifte an: So z.B. PCB’ und DDT. Laut einer Studie des Umweltprogramms UNEP schwimmen inzwischen bis zu 18.000 Plastikteilchen pro Quadratkilometer Meeresfläche in den Ozeanen. In einigen Abschnitten ist die Masse der Plastikpartikel sogar sechsfach größer, als die der Planktonorganismen. Quallen und Kleinstlebewesen nehmen die winzigen Plastikteile in den Meeren auf und bauen sie in ihr Körpergewebe ein. So landet der Plastikmüll zersetzt und kontaminiert über die Nahrungskette schließlich wieder auf unserem Teller. Die Installation ist eine Reaktion auf ein Foto des Ausgangsprojekts. Das Foto zeigt ein Model, das ein Segelschiffkleid trägt und mit hilfesuchend nach oben gerecktem Arm auf dem Boden liegt. Verena Köhler erinnerte das Bild an ein Schiff in Seenot und zugleich an ein konkretes Schiffsunglück im Januar 1992, bei dem mehrere Metallcontainer ins Meer stürzten. Einer der Container öffnete sich beim Aufprall im Wasser. Heraus fielen 28800 Plastiktiere – darunter auch etliche quietschgelbe Plastikenten – die nun seit gut 18 Jahren durch die Weltmeere treiben, sich langsam zersetzten und hin und wieder auch ans Land gespült werden.

Mit freundlicher Unterstützung:green ocean               reset

Quellen u.a.:
www.br-online.de/bayern2/radiowissen Die Weltreise der Gummienten
www.spiegel-online.de  Das Müll-Karussell
www.taz.de Müll vergiftet Meer vergiftet Mensch
www.umweltbrief.de  (Oktober 2008)
www.greenpeace.de Müll im Meer

Schöne Neue Modewelt im Web 2.0
„Mode 2.0 – Online ist alles erlaubt: Baue Dir Deinen Avatar, kleide SIE so wie Du willst. Geschlechterrollen brechen hier auf, verschwimmen, verschwinden. Schlüpfe in einen neuen Körper und formen Dich, wie Du willst: der Bildschirm als Spiegel Deiner imaginären Identität.“

Die Schöne Neue Modewelt im Web 2.0, scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Hier wird der User selbst zum Chirurgen: per Mausklick versteht sich. Je nach Gusto kann der eigene Avatar mit nur wenigen Tastenkombinationen auffrisiert, modelliert und eingekleidet werden. Meine Fragestellung an Stephanie Müller drehte sich um den Themenkomplex: Netzwerke, Web 2.0, Multimedia, Medienkultur, vernetze Welten, virtuelle Welten. Dabei besonders um das Spannungsverhältnis, dem das virtuelle ICH ausgesetzt ist: Chance zur Selbstverwirklichung vs. Realitätsverlust

++ Freistrampeln im Netz: Do It Yourself wird zu DY – Do Yourself!
Neue Häuslichkeit – virtuelle Häuslichkeit: My web is my castle! Hier strick, stick und näh ich mir mein neues (weibliches) ICH zusammen. Schön, schlank, erfolgreich – mein reales ich kennt hier keiner, sieht niemand, verkümmert vor dem Bildschirm. Aber im www bin ich anders,  eine Andere, ein Anderer? Ob Mann, Frau, Zwitter – die Geschlechterrollen brechen auf, verschwimmen – ich kann in einen neuen Körper schlüpfen und mich so formen wie ich will… der Bildschirm als Spiegel meiner Identität. Elektronisches Leben mit Mode 2.0 – Online ist alles erlaub. Bau dir deinen Atavar, kleide SIE so wie du willst – hier bist du schlank und schön, hast Modelhaut und -haare. Immer Größe 34. Dein virtuelles ICH ist ewig jung, schön und perfekt: Gibt dir den virtuellen Style, der keine Grenzen mehr kennt. Sei im Netz eine Andere, sei wer du sein möchtest, dank Photoshop und Facebook. Das ICH im Cyberspace ist total: total frei, total perfekt, total schön, total schlank, jung, hip, begehrt  – Ich schaffe mein ICH nach den bekanntesten und beliebtesten Gesichtern der Welt…so gehöre ich dazu und bin deren Abbild. Ich bin im Netz, ich bin eine andere im Netz. Ich spiele Gott im Netz und erschaffe mich neu.

— Gefangen, Zappeln, Ersticken im Netz: Die große Freiheit die keine ist
Die Textur der virtuellen Welt klebt, spinnt dich ein, umgarnt dich. Hüllt dich in den virtuellen Mantel, versteck dich, wärmt dich: Sei eine andere unter, zwischen und neben den Texten des www. Verbirg dein reales ich hinter dem Vorhang virtueller Perfektion, dank Bildbearbeitung, geschönten Lebensläufen und den virtuellen Freunden bei Facebook&co. Wer am meisten Kontakte hat gewinnt! Greife die Fäden des Netzes, verwebe dich, verknüpfe dich mit anderen. Spinne die Fäden selbst und umgarne Menschen, lock sie in dein eigenes Netzwerk! Es fängt dich auf wenn du fällst. Aber fall nicht durch die Maschen!

Wie sähe es denn aus, das Kleidungsstück, das keine Restriktionen mehr kennt, mit dem man in jede Rolle schlüpfen kann?

Schürzen, Spitzen, Hauben – Versatzstücke der Weiblichkeit
Die Kreation „Rollenroboter“ on Stephanie Müller versucht darauf eine Antwort. Es handelt sich um ein Modulkostüm, bestehend aus einem Basiskleid, bestickt und bemalt mit versteckten Botschaften. Dieses Kleid lässt sich über ein einfaches Klettverschlusssystem beliebig mit einer Reihe verschiedener Kapuzen und Schürzen kombinieren. So kann sich die Trägerin in Anlehnung an Tachis Optical Camouflage problemlos verschiedensten Situationen anpassen.
Mein erster Eindruck vom „Kleid“ – es ist gar keines! Es sind rund 12 Einzelteile! Damit sind mindestens 50 verschiedene Kombinationen aus Unterkleid, verschiedenen Schürzen, Kapuzen möglich – ein modischer Baukasten. Je nachdem wie ich mich fühle, kann ich die verschiedenen Kleidermodule zusammensetzen. Die unterschiedlichen Stoffe und Materialien geben dem ganzen einen immer anderen Look, mal sexy weiblich mit schwarzen Spitzen, mal häuslich bieder mit rot-weißen Karos, mal grell-bunt im Graffiti-Look.“
Die einzelnen Schürzen versinnbildlichen die verschiedenen Webangebote, die man nach Belieben im Browserfenster aufrufen kann. Um ein Gegenstück zur synthetisch generierten Welt des World Wide Web zu schaffen, greift Stephanie Müller bei der Gestaltung gezielt auf traditionelle Handarbeitstechniken zurück. Nadel und Faden werden frei nach dem Motto „Stich’n Bitch“subversiv zum Einsatz gebracht. Das Augenmerk liegt dabei auf dem Sticken. Denn mittels gestickter Textzeilen und Bildkompositionen können die Kleidungsstücke zum sprechen gebracht und in bewegliche Texturen verwandelt werden. Beim Einsticken der Texte wird sich bei Schriftcodes wie ASCI und einfachen, für Anfänger geeigneten Programmiersprachen wie BASIC orientiert. Damit spiele ich auf den Partizipationsgedanken an, der im Web 2.0 bis auf die Spitze getrieben wird.
Aber nicht nur mittels eingestickter Textzeilen können die einzelnen Module zum Sprechen gebracht werden, sondern auch durch die Auswahl der Materialien. So verwendet Stephanie Müller bewusst „verlebte“ Textilien wie gebrauchte Geschirrtücher, die Gebrauchsspuren aufweisen und ihre eigene Geschichte einbringen…
Die austauschbaren Kapuzen stehen für die verschiedenen Identitäten, die der User in der schönen neuen Modewelt des Web 2.0 annehmen kann. „Im Netz kann man die Persönlichkeit einer fiktiven Gestalt annehmen“. Der Bildschirm wird somit  zum Spiegel unserer imaginären Identität. „Hier strick, stick und näh ich mir mein neues (weibliches) ICH zusammen – schön, schlank, erfolgreich“ – nur das Beste wird hier zum Vorschein gegeben.

tinaTina Täsch, Jahrgang 1974, arbeitet in München als Hörfunkreferentin bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien. Neben dem Studium der Neuen deutschen Literatur, Kommunikations- und Theaterwissenschaft an der LMU hat sie einige Jahre beim Münchner Aus- und Fortbildungskanal Radio M94.5 mitgearbeitet. Damit kam die Liebe zum Hörfunk und zu (sub)kulturellen Kunstprojekten. Das Radio, insbesondere der bayerische Lokalfunk ist derzeit ihre Profession, die Auseinandersetzung mit kulturellen und gesellschaftlichen Bewegungen ihr Hobby.

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oder Mode Grenzen überschreitet – Laura Theis Themenkomplex „Sizism“

Ähnlich wie beim künstlich generierten Schönheitsideal, das im Mitmachnetz des Web 2.0 schon seit geraumer Zeit fröhliche Hochzeiten feiert, kritisiert Laura Theis in ihrer Fragestellung das Thema „Sizism“ in der Modewelt. Auf fast allen Litfasssäulen und Plakatwänden, an fast jeder Bushaltestelle das selbe Szenario: unnatürlich dünne Unterwäschemodels in unnatürlichen Posen, Frauen mit unnatürlich dünn retuschierten Beinen in unnatürlich engen Röhrenhosen. Man rufe sich hier das Bild vom schwarzen Top Model Alek Wek in Erinnerung, das 1998 in einer Ausgabe des britischen Modemagazins The Face abgedruckt wurde: Beine, an den Knien eng zusammengeschnürt. Durch die Kameraperspektive erscheinen sie nicht kräftiger als die Handgelenke eines kleinen Mädchens. Der hier dargestellte Hunger-Chic scheint so manchen kurzlebigen Trend überdauert zu haben. Er ist auch heute noch, knapp 10 Jahre später, en Vogue. Und das obwohl er nur wenigen passt. Denn „wenn eine durchschnittliche Frau mit einem ganz normalen Körperbau und ganz natürlichem weiblichen Fettgewebe – von unserer Gesellschaft als krankhafte ‚Cellulite’ dämonisiert – so etwas anziehen soll, wird sie sich automatisch unwohl fühlen und denken dass sie lächerlich aussieht, dass mit ihr etwas falsch ist. Noch schlimmer wird es natürlich für jemanden, der ‚nur’ in die XXL-Varianten solcher Dinge ‚hineinpasst’. Woher kommt diese pervertierte Erwartung an die weibliche Anatonomie? Könnte man sagen, es ist eine Bevorzugung von ‚künstlichem Körper’ gegenüber der ‚natürlichen Form’? Ironischer Weise ist es gerade die stärkste Waffe der Mode, jenes künstlich Überhöhte, mit der sich ebendiese auch am einfachsten außer Kraft setzen lässt. Die „Artwear“ des frühen 20. Jahrhunderts wurde auch in der körperzentrierten Kunst einiger Second-Wave-Feministinnen aufgegriffen. Die Schlüsselfunktionen einzelner Kleidungsstücke wurden gestört – entfremdet bis zur Untragbarkeit…Wie müsste sie nun aussehen, die Mode, in der sich jeder genau so wohl fühlen kann, wie er aussieht, also in seiner natürlichen Form, ohne sich verstecken oder irgendwo reinpressen zu müssen? Was müsste in unserer Gesellschaft passieren, damit sich die Wahrnehmung und das Bewusstsein dafür ändert? Wie müsste eine Mode aussehen, in der sich jeder genau so wohl fühlen kann, wie er aussieht, egal ob schlank oder dick, also in seiner natürlichen Form, ohne sich verstecken oder irgendwo reinpressen zu müssen? Was ist Schönheit? Wie definiert man es für sich selber? Wie abhängig ist man in seinem Urteil von den medialen Vorgaben?

sizismSteffis Antwort auf diese Problematik: Zwei größenverstellbare Röcke, ein maßgeschneidertes Kapuzenkleid. Daneben ein aberwitzig kleines Ballerina-Outfit im Glitzerlook mit aufgenähten Dinosaurierknöpfen. Damit hat sie Lauras  Forderung nach der Inkraftsetzung des normierten Größenwahns im Modezirkus aufgegriffen. Somit ist in der Zuordnungsphase des Experiments bei der textilen Antwort auf Lauras Fragen ist ganz eindeutig, dass das Barbiekleid mit den Dinosauriern zum Themenkomplex Sizism gehört:
Es ist so lächerlich klein, dass kein Mensch es jemals wird anziehen können – ähnlich wie das absolute Ideal von Schönheit so absurd ist, dass niemand es je erreichen kann. Die Dinosaurier wecken Assoziationen von Aussterben, Urzeitlichkeit, Größe und Masse, aber auch Begriffen wie „Monster“, die Lupe lässt im wörtlichen und übertragenenne Sinne andere Blickwinkel zu – man kann etwas „unter die Lupe“ nehmen, und absolute Größen durch die Sichtweisen, die die Lupe zulässt, wieder relativieren. Das Lupenglas lässt mich außerdem an Spiegelglas, Zerrspiegel und das Motto „Spieglein, Spieglein an der Wand“ denken – wer sich selbst durch eine Lupe im Spiegel betrachtet, muss sich zwangsläufig deformiert vorkommen. Natürliche Proportionen entgleisen hier, das Überdimensionierte kommt im Konvexen zum Vorschein. Dieser Prozess lässt sich mit dem Kapuzenkleid fortführen. Über ein Klettverschluss-System kann man es um zwei größenverstellbare Röcke zum überdimensionalen Tandemkleid erweitern. Es bietet damit nicht mehr nur Raum und Schutz für eine Person, sondern für mehrere gleichzeitig. Die beiden Röcke setzten die eng abgesteckten Standards normierter Konfektionsware in mehrfacher Hinsicht außer Kraft.  So brechen sie als Kleidungsartikel, der im Laufe der Geschichte gleichermaßen von Männern wie von Frauen getragen wurde, mit herrschenden Geschlechterstereotypen.  Daneben erinnert das einfach gehaltene Schnittmuster an rechteckige Transparente, wie sie beispielsweise bei Demonstrationen zum Einsatz kommen. Erst durch das Zugbandsystem selbst nehmen die Röcke ihre typische Form an und werden zum Kleidungsstück. Die veränderbare Größe der Röcke nimmt dabei Stellung zur Sizism-Problematik. So habe ich mich beim Zugbandsystem neben einer elastischen Mullbinde, die beinahe grenzenlose Bewegungsfreiheit zulässt, auch einem Maßband bedient. Hier kann sich die Trägerin, so wie sie auch im Laden immer nur zwischen einer begrenzten Anzahl von Kleidergrößen wählen kann, nur innerhalb einer vorgegeben Maßeinheit frei bewegen. Die eingenähten Labels, einmal mit dem gestickten Schriftzug „Get Rid of Your Size“, einmal gar ohne Aufschrift, laden die Trägerin ein, sich vom Modediktat frei zu machen und mit verschiedenen Körper- und Größenkonstellationen zu experimentieren.  

lauraLaura Theis wurde 1985 in München geboren. Sie schreibt schon sei ihrer Kindheit Kurzgeschichten und Gedichte. 2004 begann sie ihr Dramaturgiestudium an der LMU München, schreibt seither auch Theaterstücke, besuchte Workshops zum Szenischen Schreiben bei Moritz Rinke und Theresia Walser und wirkte bereits bei zahlreichen Theaterproduktionen auf und hinter der Bühne mit. Seit Oktober 2006 verfasst sie regelmäßig Hörspiele und Radiobeiträge für den Aus- und Fortbildungssender M94.5, wo sie seit Anfang 2009 auch die Sendeleitung des wöchentlichen Kinomagazins übernommen hat. Neben dem Theater, dem Kino und dem Schreiben gilt ihre Liebe dem Musikmachen: So komponiert sie Soundtracks für Film und Theater, betreibt das Singer-Songwriter Solo-Projekt „L.“; und bildet zusammen mit Steffi Müller das experimentelle Musik-Performance-Duo beißpony. 2008 war Laura Theis für den Tassilo-Kultur-Preis der Süddeutschen Zeitung nominiert. Seit März 2009 postet sie eine Auswahl ihrer Text- und Fotoarbeiten auf iamlaura.tumblr.com.

Einen Vorgeschmack auf Lauras Musik gibt es hier.

Zusammen mit Justine Maxelon wird sie im Rahmen der Ausstellung die Performancecollage „Schönes neues Selbst. Ein Tanzwortmusikfragment ohne Antwort.“ präsentieren.

Im Rahmen des Ursprungsprojekts ist durch die Beschäftigung mit dem Themenkomplex „Sizism“ u.a. folgender Songtext enstanden:

Song for all the girls who have been told they’re too fat (by people they love)

My body is my protest
my own form of subversion
I mould it against fashion
It’s not shaped by opinion

My body is my statement
in its stentorian beauty
who are you to judge me
I say fuck this society

My body is grace
covered in soft skin
look at me
and overthrow your grim concepts of beauty

I am not formed by discipline lack or denial
I riot dont diet
thats what more of us should do

Your objective is silly
I dont want to get skinny
I want to be taking up more space
instead of slimming

My body is my protest
my own form of subversion
I mould it against fashion
It’s not shaped by opinion

My body is my statement
in its stentorian beauty
It shouts who are you to judge me
It screams fuck this society

Beim Blättern und Schmökern zu den Themen Mode und Gesellschaft sind mir folgende Zeilen begegnet und in meinem Kopf hängen geblieben: Rainald Goetzs Bonmot: „Mode ist das Gegenteil von Stil“. Ein Zeitungsartikel von zwei Schülerinnen in der „Berliner Morgenpost“ (vom 08.03.2004), die den von ihnen als immens empfundenen Markenartikel-Druck beschreiben: „Die Modeindustrie schreibt alles vor, wie ein unbarmehrziger Diktator, der nur eins will: das Geld seiner Hörigen. Und diejenigen, die sich nicht beugen, werden mit Styling-Tipps, Styling-Shows oder Styling-Contests bombardiert.“ Das Mantra, das den beiden Mädchen jeden Tag in der Schule begegnet heißt: „Sei hip und du bist beliebt und hast Freunde“.
Ein Text aus einem Frisurenkatalog hält folgende Themen für die Saison Herbst/Winter 2003 für besonders wichtig: „Hollywood, Sport de Luxe, Op-Art, New College Style, Rock & Pop, Folklore, Biker-Look, Vintage und Romantik“. Weiter heißt es:„Die Kollektionen reflektieren den gesellschaftlichen Wunsch nach Individualität und personalisierten Looks. Konformismus ist in der Welt der Mode schon lange tot. Gefragt ist auch im kommenen Winter: Authentizität statt künstlicher Fassade. Das persönliche Styling ist wichtiger als der Zwang durch Konventionen. Mode wird als ästhetischer Ausdruck der Persönlichkeit begriffen. Dabei setzen gerade die neuen Frisurentrends wichtige Impulse für modische Inszenierung des Ich.“Übrigens: Aktuelle Frisuren für Herbst/Winter 2009: „Grelles Blond ist out. Krasse Farbeffekte ebenso. Die Haare müssen lang sein, glänzen und eine tolle Farbe besitzen“. Wer von der Natur nicht mit diesen Attributen bedacht wurde, kann Abhilfe schaffen, Tipps dazu findet man in der verlinkten Trendgalerie. Die eigene Persönlichkeit optimal inszenieren, sich dadurch zuordnen, identifizieren und damit wieder identifizierbar für andere machen. Jedes noch so kleine Accessoire schreit nach Beachtung, nach einem Statement, nach einer Einordnung. Eine völlige Überbewertung des Nutzlosen und doch kann ich mich dem nicht völlig entziehen.Wie authentisch kann ein kollektiver Aufruf zur Individualität sein, wenn dann wieder vorgegeben wird, wie die Selbst-Inszenierung auszusehen hat?

Teebeutel-Unterwäsche
Die textile Antwort von Stephanie Müller greift die Idee der „Intimität“ auf, denn die künstlerisch-subversive Kritik am Individualitätsanspruch der Mode lässt sich am besten im Intimen verhandeln. Denn an einem Ort, der nur wenigen vertrauten Mitmenschen zugänglich ist, greift das „Sehen und Gesehen werden“ der Mode kaum mehr. Hier im Verborgenen gibt es bis auf wenige Gelegenheiten niemanden, der einem den Spiegel vorhält. Es könnte einem folglich völlig gleichgültig sein, was man Darunter trägt. Anderseits kann im Intimen die individuelle Note aber auch ganz zentral sein, gerade weil dieser Bereich so persönlich besetzt ist. Was lag also näher als eine Wäschekollektion? Vier Liebestöter der Marke „Prestige“, Unterhosenmodelle aus den 1970er Jahren, noch originalverpackt mit den typischen Wäschemannequins sind die Basis. Daneben eine weitere Unterhose ohne Verpackung und ohne eingenähtes Label. Sie lässt sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht eindeutig zuordnen. Mit diesen Schlüpfern möchte Stephani Müller das Spannungsfeld zwischen Individualitätsdruck und kreativer Selbstbestimmung hinterfragen, das Mirjam Stutzmann aufgezeigt hat. Zunächst werden die vier „Prestige“-Modelle frei nach dem Motto „Customize it!“ personalisiert, angelehnt an „Cosmea“ oder „Jasmin“ im Tamponformat instrumentalisiert Steffi daher die Namen der vier Teilnehmerinnen als Modellnamen und stickt diese in die einzelnen Hosen ein: Modell Tina, Christina, Laura und Mirjam. Besonders individuell wird es allerdings dann, wenn es um den Geschmack geht. Denn „selbst wenn der äußere Schein perfekt ist und Individualität inszeniert wird – scheint nichts wirklich authentischer und individueller zu sein, als die persönliche (Duft)note“.  In quadratische Stoffbeutelchen eingenäht, sind  vier verschiedene Teesorten jeweils auf der Vorderseite der Schlüpfer angebracht. Mit jedem Waschgang verfärbt sich die Unterwäsche ein und nimmt, einmal getrocknet, die Duftnote des Tees an. Auf diese Weise wird das Kleidungsstück mit Leben gefüllt. Ebenso wie die Trägerin, zeigt auch der Schlüpfer Abnutzungserscheinungen. Er verliert solange Farbe bis der Farbstoff im Teebeutel beinahe ausgewaschen ist und hinterlässt am Ende eine leicht vergilbte Spur. „Letztendlich kann die Industrie vielleicht versuchen, dem Käufer Vorgaben zu machen. Dass man diese oder jene Hose, diese oder jene Geschmacksrichtung zu haben hat. Aber letztlich ist es doch die Trägerin der Unterhose, die ihren ‚Körperabdruck’, ihre persönliche Geschmacksrichtung hinterlässt.“ Durch die Teebeutel entstehen also Tragespuren, die die Frau letztendlich vom Mythos der der Reinheit, Keuschheit, Passivität und dadurch Geschlechtslosigkeit lösen.

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20. – 29. November 2009

Soli-Party am 18.11.2009!

Soli-Party am 18.11.2009!